Cellar Door – Signa-Designer Thomas Bo Nilsson baut fürs Schauspielhaus Wien eine dystopische Sado-Maso-Welt
Fight Club
von Theresa Luise Gindlstrasser
Wien, 15. April 2016. Level 6 ist "closed for audience". Deswegen werden die verbliebenen Publikumspersonen pünktlich um ein Uhr nachts aus dem Schauspielhaus raus komplimentiert. Zwei Zeitfenster erlauben den Eintritt in die sogenannte 504-Stunden-Installation "Cellar Door" von Thomas Bo Nilsson, dem Signa-Bühnenbildner und Meat-Regisseur, am Schauspielhaus Wien. Level 4 und Level 5 sind "open for visit", der Kauf einer Karte ermächtigt zum vierstündigen Verbleib in der wirren Virtual-Reality-Welt. Wobei diese Erlebnisinstallation in den zur völligen Orientierungslosigkeit verunstalteten Räumlichkeiten nur einen Teil des Triptychons "Cellar Door" ausmacht. Ein zwölfminütiger Trailer suggeriert eine Vorgeschichte, eine Website bietet Insider-Info. Und: Dort soll es auch einen Live-Stream des Geschehens geben, sollen einzelne Darstellende befehligt werden können. Diese Funktion schien aber deaktiviert, oder sonst irgendwas an meiner Handhabung defekt zu sein.
die hockenden - Im Burgtheater-Vestibül inszeniert Alia Luque die Uraufführung des Retzhofer-Dramatikerpreis-Gewinnerstücks von Miroslava Svolikova
Still gestanden, Trübsal geblasen!
von Leopold Lippert
Wien, 13. April 2016. Rollator, Senioren-Elektroroller, Rollstühle: Für die titelgebenden Figuren in Miroslava Svolikovas "die hockenden" hat Regisseurin Alia Luque bei der Uraufführung im Burgtheater-Vestibül ein übereindeutiges Bild gefunden. Diese Hockenden hocken, weil sie nicht mehr (oder noch nicht) gehen können. Und wenn sie es doch einmal versuchen, dann stürzen sie. So einfach ist das. Dabei ist Svolikovas Stück, das im vergangenen Jahr den Retzhofer Dramapreis gewonnen hat, eher nicht so einfach: "die hockenden" ist ein abstraktes und formal äußerst selbstreferenzielles Textgebilde, das sich von einer Wiederholung zur nächsten windet, lautmalerische Kaskaden produziert, und mit schöner Regelmäßigkeit eine strategische "(pause)" setzt. Wenn gerade keine "(pause)" ist, philosophieren die Hockenden über Stillstand, Lethargie, und Hoffnungslosigkeit.
Bella Figura - Die neuste Gesellschaftskomödie von Yasmina Reza kommt von Dieter Giesing geleitet am Wiener Burgtheater an
Europäisches Klischee-Orchester
von Eva Biringer
Wien, 3. April 2016. Man muss ausnahmsweise über das Premierenpublikum sprechen. Während in Berliner Theatersälen Jeans und Sneaker dominieren, tragen die Wienerinnen Kleid oder Seidenbluse, nicht wenige Herren Anzug. Es liegt eine der deutschen Hauptstadt ferne Großbürgerlichkeit in der Luft, so klischeehaft stelle man sich das Burgtheaterabonnentenpublikum vor. Verzeihung, aber am Vergleich mit Berlin führt bei jeder weiteren Premiere von "Bella Figura" kein Weg vorbei. Yasmina Reza hat das Stück eigens für die dortige Schaubühne geschrieben – wo es vergangenen Mai zur Uraufführung kam – und mindestens so sehr für deren frankophilen Intendanten Thomas Ostermeier und wenigstens teilweise auch für Nina Hoss als Andrea.
Drei Schwestern – Bei David Bösch darf am Wiener Burgtheater der Staub an Anton Tschechows berühmtem Stück einfach dranbleiben
"Blablabla" trällern sie ...
von Leopold Lippert
Wien, 24. März 2016. Dies gleich vorneweg: David Böschs Inszenierung von "Drei Schwestern" am Wiener Burgtheater ist so brav, dass jeder auch nur ansatzweise bedeutungsschwangere Satz sofort frontal in Richtung Publikum deklamiert wird. Dieser Tschechow ist so brav, dass Bühnenbildner Harald B. Thor in den schwarzen Burgguckkasten gleich noch einen Guckkasten gebaut hat, einen sich nach hinten verjüngenden Landhausgerüstguckkasten nämlich, unbeweglich, mit Wänden aus Plastikplane und altem Laub auf dem Dach. Dieser Tschechow ist so brav, dass nach jedem der vier Akte tatsächlich der Vorhang fällt (nur nach dem zweiten, da fällt er nicht so ganz, aber das liegt an der Technik, die sich sträubt). Dieser Tschechow ist so brav, dass er weder ästhetisch etwas riskieren will, noch in irgendeiner Form gesellschaftspolitische Relevanz artikuliert. Dieser Tschechow ist ein hundertjähriger Klassiker, an dem der Staub einfach dranbleiben darf.
Regie: Y. Wanunu, H. Pfost, S. Marte, O. Stotz, B. Eischeid, J. Weckl, A. Hausmann, F.
Regie: Claus Peymann
Regie: Jan-Christoph Gockel
Regie: Stephanie Mohr
Regie: Gin Müller / Barbara Kaiser / Tamara Wilhelm
Regie: Antú Romero Nunes
Regie: Ann Liv Young & Marino Formenti
Regie: Pedro Martins Beja
Regie: Anna Badora
Regie: Florentina Holzinger, Vincent Riebeek
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