Schall und Wahn

von André Mumot

Berlin, 12. Februar 2013. Heiße Luft produziert der Mensch. Und wenn er groß sein möchte, kann man besonders gut erkennen, wie klein er ist. Shakespeare hat das gewusst und in seinem defätistisch dräuenden "Macbeth" nicht den Hauch einer Illusion aufkommen lassen übers Leben, das sich meistens nur in Schall und Wahn äußert. Oder das, wie es in Dorothea Tiecks immer noch recht vernünftiger Übersetzung so schön heißt, nur ein Märchen ist, "erzählt von einem Dummkopf, voller Klang und Wut, das nichts bedeutet." Macbeth selbst sagt diese Worte. An diesem Abend im Maxim Gorki Theater versteht man sie jedoch nur schlecht: Albrecht Abraham Schuch sitzt inmitten eines riesigen Holzgerüsts, das dem Polyeder aus Dürers Melencolia 1 nachempfunden ist und große Teile der kargen Bühne einnimmt, und nuschelt das so vor sich hin.

Und dann geht das Licht aus, aber auch gleich wieder an, und irgendwer klatscht irritiert, während Bühnenarbeiter herbeieilen, um Lady Macbeth und ihren Kameramann aus ihrem Luftsack zu befreien, in dem sie die letzten Minuten verbracht haben, um ihren Königinnen-Wahnsinn per Videoprojektion sinnfällig zu machen. Und dann folgt zögerlich die übrige Besetzung und will sich verbeugen, und auch der Rest des Publikums klatscht, weil's wohl jetzt doch irgendwie vorbei ist und man ja nicht die ganze Zeit nur den Kopf schütteln kann.

macbethy 560 thomasaurin.uDie Lady in der Wahnblase © Thomas Aurin

Tricks und Eigenohrfeigen

Regisseur Robert Borgmann, der bekannt dafür ist, sich von seinen Assoziationen durch alte und neue Theaterliteratur treiben zu lassen, lässt gut drei Stunden lang Einfälle, Intertexte und Albernheiten über das Stück und die Bühne wuchern. Als recht indifferenter Unkrautzüchter geht er hier ans Werk und scheint selbst nie zu wissen, wohin der Wildwuchs führen soll. Hauptsache, es sprießt überall: Vor der Bühne setzt er Friederike Bernhardt ans Klavier zur grollenden Untermalung, und an die Decke des Publikumsraums projiziert er Wasserbilder, in die immer mal wieder das großäugige Macbeth-Gesicht eintaucht und riesenhaft auf die Zuschauerreihen herabblickt.

Die Lady (Anne Müller) sitzt zu Beginn ohne Augenbrauen im Polyeder – da ist er noch mit halbdurchsichtiger schwarzer Folie umspannt – und sagt schon mal im Voraus große Teile ihres Textes am Stück auf. Ein bisschen manisch ist sie vielleicht, aber nicht sehr und insgesamt auch mit Elisabeth-I-Perücke dauerbeherrscht und größtenteils uninteressant. Der Gatte ist dafür psychisch in umso bedenklicherer Verfassung, und das von Anfang an, was Albrecht Abraham Schuch zu effekthascherisch unkontrollierten Zuckungen, Ticks und Eigenohrfeigen verführt, zum Speicheln, Heulen, Dröhnen, zum beinahe andauernden Grimassieren und Text-Verschlucken.

macbethx 560 thomasaurin.uEin Polyeder frei nach Dürer © Thomas Aurin

Kunstnebelverseuchter Irrenhausklamauk

Zur allgemeinen Auflockerung hopst Mathias Becker tapsig in einem Krähenkostüm herum, das sich auch beim Höhenflug zur Bühnendecke nicht entscheiden mag, ob es albern oder bedrohlich aussehen will – wie übrigens die gesamte Veranstaltung. Mal singt man im Chor Bach, mal chargiert das von Macbeth engagierte Mörder-Duo mit idiotischen Akzenten und begibt sich auf schlichtes Kindergartenniveau. Guido Lambrecht darf über die Publikumsreihen klettern und darüber schwadronieren, wie doll es wäre, wenn's keine Männer mehr geben würde: "Fußballstadien nur mit grasenden Kühen." (Ganz große These in einem Stück mit der notorisch bösartigsten Frauenfigur der Theatergeschichte.) Und irgendwann, im kunstnebelverseuchten Irrenhausklamauk, der den Auftritt der drei Hexen ersetzt, platziert Andreas Leupold einen Grammophontrichter auf seinem Kopf, zieht eine Stehlampe hinter sich her und spielt aufreizend widerwillig Don Quichottes Flucht in die Fantasiewelt nach.

macbeth2 280 thomasaurin uAlbrecht Abraham Schuch und Guido Lamprecht  © Thomas AurinZuvor schon muss der nackte Marek Harloff weiß eingekalkt als Banquos Geist in hoffentlich irgendwie ironisch gemeinter Ernsthaftigkeit aus "Sein und Zeit" zitieren (überhaupt kommt oft und ohne erkennbaren Kontext Heidegger ins Spiel) und Kants Erklärung des Begriffes Aufklärung wie ein Fanal ins Publikum schleudern. "Darf's noch etwas mehr sein?", fragt die Regie, wartet die Antwort aber grundsätzlich nicht ab und zeigt hemmungslos collagierte Bilder von Diktatoren und Gasmasken und Päpsten und Politikern, die von blutigen Händen über eine Nähmaschine gezogen und wiederum als Video versendet werden. Was deutlich macht, dass so ein Macbeth-Abend eine prima Gelegenheit bietet, um noch mal in schöner Undifferenziertheit daran zu erinnern, dass das Problem mit den bösen Leuten auf dieser Welt bis heute nicht gelöst worden ist.

Ärgerlich an all der offensiven Beliebigkeit ist vor allem, dass im Dickicht der Lieblingstextverwurstung, Plattitüdenwiederverwertung und Zeitgeschichtsschwiemelei überhaupt noch auf Shakespeares Szenen zurückgegriffen wird, dass sie hilflos und angestrengt und ohne erkennbares Figurenverständnis abgehakt werden, bis der erlösende Monolog endlich verkündet, dass alles nur Schall und Wahn gewesen ist. Man hat es nach drei Wildwuchsstunden heißer Luft bereits begriffen. Längst.

 

Macbeth
Nach William Shakespeare
Regie und Bühne: Robert Borgmann, Kostüme: Janina Brinkmann, Musik/ Komposition/ musikalische Einstudierung: Friederike Bernhardt, Video: Jesse Jonas Kracht, Dramaturgie: Jens Groß.
Mit: Mathias Becker, Friederike Bernhardt, Marek Harloff, Robert Kuchenbuch, Guido Lambrecht, Andreas Leupold, Anne Müller, Moritz Peschke; Christian Schneeweiß, Albrecht Abraham Schuch, Moritz Schulze, Nathalie Thiede.
Dauer: 3 Stunden, eine Pause

www.gorki.de

 

Kritikenrundschau

"Bedeutungshuberisches, bescheidwisserisches Gekräusel auf einem Ozean aus Trivialität" hat Ulrich Seidler für die Berliner Zeitung (14.2.2013) gesehen. Die Schauspieler dekorierten ein paar Textstellen, indem sie "brüllen, spucken, wälzen, tanzen, schlagen". Shakespeare müsse ansonsten als "Kunsthonigtopf" herhalten, aus dem der Regisseur seine Assoziationsfäden ziehe. Hinterlassen werde "eine kunstgewerbliche Blutspur der Banalität".

In der Berliner Morgenpost (14.2.2013) stöhnt Georg Kasch: "Es ist ein Jammer." Die Vieldeutigkeit bleibe beliebig, das "Feuerwerk an szenischen Ideen" verpuffe, ohne Spuren zu hinterlassen. Dass die Produktion kurz vor der Premiere den Ausfall eines Darstellers und eine Verschiebung hat verkraften müssen, zähle nicht als Ausrede. "Dieser Abend der intellektuellen Nebelkerzen bietet zu wenig Sein bei zu viel Zeit."

Andreas Schäfer konstatiert im Tagesspiegel (14.2.2013), dass Borgmann nicht "Macbeth" inszeniert habe, sondern: "Er hat drei Stunden den Staub seiner Assoziationen mit Weihrauch verwechselt." Zwar habe der "Blick in die Rumpelkammer der Ikonografie" in den ersten Momenten noch seinen Reiz, doch das Zitieren höre nicht mehr auf. So entwerteten sich die "hochpathetischen" Zitate gegenseitig.

Von einem "raunenden Spektakel", das sich "unter Zuhilfenahme großer Mengen von Bühnennebel immer mehr ins Kryptologische verkriecht", spricht Esther Slevogt in der taz (14.2.2013). Die dreistündige Aufführung suhle sich förmlich in Bildern von Blut und Wahn. Doch der assoziativ vorgehende Abend macht dem Eindruck der Kritikerin zufolge keine Anstalten, "seine Bilder zu erläutern oder herzuleiten".

An diesem Abend erfährt man laut Mounia Meiborg von der Süddeutschen Zeitung (16.2.2013) mehr "über junge Regisseure" als über Shakespeare. Borgmann lasse "nichts aus, was an deutschsprachigen Bühnen gerade en vogue ist". Seine Inszenierung könne deshalb, so Meiborg ironisch, "als Wegweiser für alle trendbewussten Jungregisseure zwischen Flensburg und Fröttmaning dienen". Regel 10: "Wenn keiner am Ende was verstanden hat, hast Du alles richtig gemacht."

Kommentare  
Macbeth, Berlin: präzise, klug, leidenschaftlich
Ihre Rezension ist so präzise, klug und leidenschaftlich wie die Inszenierung leidenschaftslos, beliebig und eitel ist. Was Sie nicht erwähnen, ist die traurige Ursache solcher Art Theater. Meines Erachtens nach liegt sie in einer allgemein um sich greifenden gesellschaftlichen Gleichgültigkeit dem Theater gegenüber. Vergessen Sie bitte nicht, dass die zurecht kritisierten Albernheiten mittlerweile die Regel sind. Dem Regisseur Borgmann stehen die Türen einiger bestausgestatteter Theater offen. Allein dieser Umstand legitimiert den “Stil“ des Regisseurs und seiner zahlreichen Kollegen im Geiste. Nicht Borgmann ist das Problem, auch nicht seine gelangweilten bis affektierten Schauspieler, sondern wir, die Zuschauer. Wir leben gut informiert und selbstvergessen.
Macbeth, Berlin: Kuhhäute der Geschichte
Eine weitere Stimmung

Auf der Bühne des Maxim Gorki-Theaters und in der Regie von Robert Borgmann erzählt erst einmal Lady Macbeth. Anne Müller spielt sie als eine der Gewalt Verfallene. Mit gedrosselter Stimme zweifelt sie die Männlichkeit ihres Gatten an, wenn der nicht schnell genug morden möchte. Sie täuscht Unterpräsenz vor. Sie trägt ein transparentes Taucheranzugoberteil und sieht darin aus wie Isabella Rossellini in Blue Velvet. Ihr zur Seite sitzt Ed Gein als Nathalie Thiede und näht sich die Finger wund. Das Blut wird übertragen auf eine Leinwand. Gein vernäht die Kuhhäute der Geschichte Grausamkeit von Stalin bis Gaddafi. Der kleine Serientäter Gein hat immer gern genäht und die Häute seiner Opfer dann gut gegerbt. Anstatt zu gerben, raucht Nathalie Thiede. Sie hat den Maggie Gyllenhaal-Look verpasst bekommen von Janina Brinkmann - und könnte in ihrer Aufmachung jederzeit auf der Berlinale weiter rauchen.
Macbeth, Berlin: gespart
@ 2
Gut zu wissen. Da kann ich ja jetzt die 16 €, die ich wegen der Premierenverschiebung gespart habe, gleich in zwei Berlinale-Tickets umsetzen.
Macbeth, Berlin: niemals wieder?
Meine Schüler und ich sahen uns die Premiere an...ob sie mir wohl jemals verzeihen werden, sie dorthin mitgenommen zu haben? Und noch viel wichtiger: werden sie jemals wieder (freiwillig) ein Theaterstück sehen wollen? Die Hoffnung stirbt natürlich zuletzt, aber ich mache mir dennoch große Vorwürfe und Sorgen...
Macbeth, Berlin: für Schüler geeignet
@Lehrerin: Vielen dank für ihren Beitrag; nun bin ich umso gespannter auf die Inszenierung.
Anhand der bisherigen Beiträge gehe ich doch mal eher davon aus, dass es ein Erlebnis für die Schüler war - so haben sie sich Theater doch sicherlich nicht vorgestellt!?
Macbeth, Berlin: nicht bloß Reclamhefte abarbeiten
Ich frage mich eher, warum Sie sich nicht vorab über die Inszenierung erkundigt haben - die Beteiligten sind ja nicht völlig unbekannt. Sie werden da ja nicht "reingestolpert" sein - und wenn ja, haben Sie einfach ihre hausaufgaben nicht gemacht, oder? Nicht jede Theaterinszenierung wird aussehen, wie Sie das für Ihre Schüler gerne hätten - und nicht jede Aufführung wird "gelingen", was auch immer man darunter versteht. Wenn nur mehr Reclamhefte abgearbeitet werden sollen - in Ordnung, aber mit Kunst hat das für mich nichts zu tun... Und das sollten Sie Ihren Schülern - und hoffentlich auch Schülerinnen - vermitteln, finden Sie nicht?
Macbeth, Berlin: müssen Schauspieler gehorchen?
Müssen die Schauspieler das eigentlich immer machen, was der Regisseur sagt? Wenn sie etwas falsch oder blöd finden, was er sich ausgedacht hat, müssen sie dann gehorchen? Das wäre doch eigentlich voll ungerecht, weil doch sie auf der Bühne hinterher dazu stehen müssen und nicht der Regisseur.
Macbeth, Berlin: Nicht verzagen!
Liebe Lehrerin!
Immer wieder alle Schüler reinschleppen! So ist das Leben und das Theater - nicht alles ist auf Anhieb gut. Bitte, bitte nicht verzagen!
Macbeth, Berlin: Link zu Interview
Am Freitag, 8.2., war Albrecht Abraham Schuch im ausführlichen Interview im kulturradio vom rbb.
Hier http://www.kulturradio.de/zum_nachhoeren/kulturradio_am_nachmittag.html kann man es bis Freitag nachhören. Interessant dabei ist, dass die Proben schon ziemlich kompliziert abliefen, Erkrankungen usw alles erschwerten und er selbst mit der Hauptrolle wohl Probleme hatte.

Zum Anhören runterscrollen.
Macbeth, Berlin: Erinnerungswürdiges
...wir arbeiten nicht ab (Wozu auch?! In Berlin haben sie Shakespeare doch eh längst aus den Lehrplänen gestrichen!), wir setzen kreativ um und beschäftigen uns mit unterschiedlichen Herangehensweisen an Literatur. –Niemand hat etwas gegen moderne Inszenierungen, aber massenhaft Kunstnebel, zu leise sprechende Schauspieler, DAFs „Tanz den Mussolini“ sowie dieser komische Rabe haben nun wirklich nicht zu einem verbesserten Verständnis der Primärliteratur beitragen können. Allerdings fanden meine Schüler die Klaviermusik sehr schön und die Nacktszenen werden insbesondere den Damen sicherlich auch in Erinnerung bleiben…insofern…
Macbeth, Berlin: Schüler vorbereiten
@ Lehrerin,
man geht nie mit Schülern in die Premiere. Was erwarten Sie? Ein wenig vorbereitet muss man schon sein.
(...)
Mit guter Vorbereitung lässt sich mit Schülern jede Inszenierung rezipieren. (...) Denn nicht die Theatermacher sind es, die Kindern das Theater vermiesen, es sind diese Lehren, die verantwortungslos die jungen Menschen ins Theater schleppen.
Pädagogische Grüße
Macbeth, Berlin: Nacktheit hin oder her
theater is doch immer auch gut. ich finde es besser als kino. primärliteratur? das kann man ja lesen- und dann auch anders anschauen wieder. wir sind ja nicht blöd. das soll doch ma jemand kapieren. und überhaupt geld sollte endlich nur noch für kultur ausgegeben werden. solche inszenierung oder andere - aber mir persönlich sind solche lieber. nacktheit hin oder her...aber ob schauspieler sich wehren können- das tät mich auch interessieren- irgendjemand ne antwort?
Macbeth, Berlin: Aus Versehen Premiere
@Olaf: wir wollten ja auch gar nicht zur Premiere, sondern zu der Aufführung mit der hochoffiziellen Einführung...aber aufgrund der Terminverschiebung (die Premiere wurde wegen Krankheit/ Ensemble verschoben) wurde aus "unserer" Vorstellung nun einmal die Premiere. Aber DANKE für Ihre Belehrungen.
Macbeth Berlin: was Borgmann braucht
also, der borgmann braucht einen guten dramaturgen. einen, der ihn züchtigt und nicht wuchern lässt.
Macbeth, Berlin: Verantwortung
Nein Frau Lehrerin. Sie tragen Verantwortung und müssen sich das anschauen. Dann esrt können Sie sich und Ihtre Schüler vorbereiten. Was Dramaturgen dann sagen, übernimmt nicht Ihre Verantwortung.
Scheiß Zensur auf dieser Seite. Hochwohlgeboren, es gibt auch eine Meinungsfreiheit. Ich will einfach nicht mehr eure ... sehen, wenn ich etwas ernst meine.

(Sehr geehrter Olaf,
wenn Sie sachlich bleiben und keine Mitmenschen beleidigen, können wir Ihre Kommentare auch ohne '(...)' veröffentlichen.
Mit Grüßen,
die Redaktion / ape)
Macbeth, Berlin: geschlossenes System
es ist immer wieder das gleiche... (...)
ein wenig bescheidenheit und auch ein wenig ehrfurcht vor dem handwerk..klingt alles furchtbar altmodisch..ich meine es aber sehr ernst. es wird an unseren theatern zu großen teilen eitler, dämlicher und selbstreferentieller trash produziert...weit weg von kunst und weit weg von handwerk. das publikum ist aussen vor und wird für doof gehalten..das system ist operativ geschlossen und nährt sich aus sich selbst...auch über seine "elite schulen".
ich habe bei borgmann inszenierungen bisher nur das abbild und das plagiat anderer "bewundern" dürfen..allerdings...falsch verstanden und im neuen... "borgmann kontext" wertlos.
Macbeth, Berlin: Leipziger Spätzle-Schredderer
DAS HABEN SIE GENAU RICHTIG ERKANNT! MIT BESTEN GRÜSSEN AUS LEIPZIG! DA HABEN WIR DIESEN SELBSTREFENTIELLEN SCHROTT SEIT JAHREN (AUCH HERRN BORGMANN!!!). NUN GEHT ER UND SEIN VORBILD HARTMANN NACH STUTTGART SPÄTZLE SCHREDDERN! GOTT-SEI-DANK! DAS IST WEIT WEG GENUG VON LEIPZIG...
JOHANN SEBASTIAN BACH
Macbeth, Berlin: dann doch sachlich
nun unter 17 kann man nachlesen was die nachtkritik Redaktion dann doch für sachlich und keine Mitmenschen beleidigend hält....
armes Leipzig mit deinem Bachgässchen
Macbeth, Berlin: keine Regie-Starlets
Shakespeare in Berlin aus den Spielplänen gestrichen? Es gab noch bis vor ein paar Wochen eine sehr ambitionierte "Macbeth"-Diplominszenierung am bat, die aber natürlich weder nachtkritik noch Feuilleton noch Lehrer interessiert hat, weil es sich eben um Nachwuchstheatermacher handelt und nicht um Regie-Starlets wir Borgmann, Nunes & Co.
Macbeth, Berlin: was nachtkritik.de versucht
Lieber Mitleser,
nun, das ist sicherlich ein Grenzfall. Das ist scharf formuliert und man könnte bestimmt ohne das Wort "Schrott" auskommen. Aber es ist doch noch eher eine Kritik an der Kunst, nämlich an deren Selbstreferetialität, und zielt nicht – wie der obige Post – nur explizit beleidigend auf die Menschen, die diese hervorbringen. Dass das nicht hundertprozentig eindeutig zu entscheiden ist und die Grenzen hier oft fließend sind, wissen wir. Trotzdem versuchen wir, diese Dinge voneinander zu trennen, um Kritik an der Kunst zuzulassen – das muss hier ja möglich sein –, aber Herabwürdigungen von Personen zu verhindern. Wir geben uns jedenfalls Mühe.
Mit guten Grüßen aus der Redaktion,
Anne Peter
Macbeth, Berlin: Forum ohne Anstand
ich finde es schade, dass in diesem forum sitte und anstand flöten gehen.
Macbeth, Berlin: Lehr- statt Spielpläne
@19 aus den Lehr- nicht Spielplänen
LG
Macbeth, Berlin: Shakespeare in der Schule
Hoppla, Sie haben vollkommen Recht! Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.
Zu meiner Zeit hatte ich in Berlin wenigstens noch Shakespeare in der Schule. Ihn von den Lehrplänen zu streichen ist vielleicht auch mit Ursache dafür, dass man dann auf den Spielplänen uninteressanten Murks mit seinem Namen drauf zu sehen bekommt.
Macbeth, Berlin: einer der intellektuellsten Regisseure
Lehrerin,
Nunes nicht verstanden, er ist einer der einfühlsamsten, intellektuellsten Regisseure, die dieses Land hat. Ich finde es traurig, dass er nach Stuttgart geht. Wenn Sie ihn nicht verstehen können, ist das ihr Problem, jedoch ist ihr Urteil beleidigend und hätte von der Redaktion zensiert werden müssen. Es lohnt sich nicht, hier eine ehrliche Diskussion zu führen.
Auch das virtuelle Theatertreffen war einmal interessant, wird aber nur noch von 4000 Menschen verfolgt. Ist das nicht die niedrigste Beteiligung jemals.
Nachtkritik ist gut gedacht, funktioniert unter den Bedingungen nicht. Schade!

(Werter Olaf,
ich kann nur variieren, was ich in Kommentar Nr. 20 bereits versucht habe auszuführen: "Regie-Starlet" ist meines Erachtens nicht gegen Nunes als Person, sondern gegen ihn als Regisseur und seine diesbezüglichen Fähigkeiten gerichtet und nach unseren Maßgaben deshalb zulässig.
Was das nachtkritik.de-Theatertreffen angeht: Wir hatten in diesem Jahr mehr Wähler als in allen Jahren zuvor; 2012 waren es 2404, wie Sie auf der entsprechenden Seite nachlesen können.
Nochmals Grüße aus der Redaktion,
Anne Peter)
Macbeth, Berlin: tolle Diplominszenierung
Noch ein PS an die nette Lehrerin,
Nunes ist erfolgreicher Absolvent des bat. Seine Diplominszenierung können Sie immer noch, leider selten, im Gorki sehen, letztmalig am 20.3., sollten Sie nicht verpassen,wenn sie Interesse am Nachwuchs haben.
Macbeth, Berlin: Macht uns auf verborgene Schätze aufmerksam!
@19:
"Es gab noch bis vor ein paar Wochen eine sehr ambitionierte "Macbeth"-Diplominszenierung am bat, "
Liebe Nachtkritiker und Blogger,
macht uns aufmerksam auf solche verborgenen Schätze!

(Ja, lieber Guttenberg, da können wir nur einstimmen. Auch uns gehen bisweilen immer wieder mal interessante Inszenierungen durch die Lappen. Dafür arbeiten wir gerade an einer technischen Lösung, um wieder Leserkritiken zu ermöglichen. Vorerst darf natürlich an dieser Stelle auch gern mehr zum bat-"Macbeth" gepostet werden.
Beste Grüße aus der Redaktion,
Anne Peter)
Macbeth, Berlin: erst lesen, dann aufregen
@24+25: Man kann sich ja über das Posting 19 aufregen. Aber: Dieses Posting ist unterschrieben mit "@Lehrerin" und nicht mit "Lehrerin". Wie steht es so schön in Posting 23: "Wer lesen kann,..."
Macbeth, Berlin: Macht den Kindern
Oh, Gott sei Dank! Der Klassensprecher hat es auf den Punkt gebracht!! Alle Macht den Kindern und Jugendlichen, denn oftmals können sie besser lesen und schreiben als ... Adieu... :-)
Macbeth, Berlin: selbstreferentiell wegen Überproduktion
Das an vielen Theatern "Selbstreferentieller Scheiß" läuft und unter anderem stark mit einer Überproduktion zu tun. Die Theater wollen immer mehr Inszenierungen in ihre Spielzeit quetschen (eine Premiere sichert ja mehr aufmerksamkeit als eine gut besuchte 10. vorstellung) deshalb bleibt immer weniger Probenzeit für die einzelne Produktion, was natürlich auch die Vorbereitungszeit für die Regisseure zusammenschrumpft, genau wie die der Schauspieler, die ja meistens am Freitag/Samstag Premiere haben und Montag Probenbeginn. Die Regisseure müssen oft aus Finanziellen oder Karriere-technischen Gründen mehr Inszenierungen annehmen als sie guten Gewissens erarbeiten könnten, und als Schauspieler kann man nicht an seinem einzigen freien Tag zwischen Premiere und Probenbeginn, an dem man wahrscheinlich noch eine Vorstellung hat, einen Hamlet lernen. Und wenn man dann nur 4-5 Wochen Probenzeit hat, ist für Technick/Handwerk meistens nicht viel Raum, also bleibt man bei dem was man kennt, der Regisseur bezieht sich auf sich selber und die Schauspieler bleiben in ihren altem Manierismen.

Obwohl ich auch zugeben muss, dass viele junge Regisseure die arbeit mit dem Schauspieler an seiner Darstellung gar nicht beherrschen.
Macbeth, Berlin: Plädoyer Bolzplatz
@ @ Lehrerin

Übrigens hat auch Herr Borgmann im bat diplominszeniert ("Die 10 Gebote" nach Kieslowskis "Dekalog"),
Auch hat nachtkritik de. die Proteste der Schule für einen neuen Lehrstandort sowie die Zeit danach recht aufmerksam und mit spürbarer Sympathie begleitet; insofern kann sich die "Busch" da, denke ich, eher nicht beschweren.
Als der (einmal "Bolzplatz" genannte) Leserkritiken-Blog/Block noch offen war, postete im übrigen regelmäßig Herr Rödiger von den bat-Veranstaltungen. Vermutlich findet sich auf seiner Seite auch Entsprechendes zum "Macbeth" (ich selbst hab das jetzt nicht nachgeprüft) am bat (nachtkritik de. mag eine Verlinkung erwägen, da es bei Herrn Rödiger in der Tat viele Beiträge speziell zum bat gibt).
Wenn der "Macbeth" am bat etwas hatte für Sie, würde ich mich natürlich freuen, auch etwas von Ihnen dazu zu lesen ! Selbst mit relativ bekannten RegisseurInnen wie Nora Schlocker kann das passieren, daß eine Premiere von ihr (wie gestern) nicht besprochen wird, weil am selben Tag zahlreiche andere Sachen laufen; da wäre es dann halt immer schön, die ZuschauerInnen gäben von dergleichen Notiz zB. im Schlocker-Vorgängerthread (solche Vernetzungen zu Vorgängerinszenierungen können noch einmal eine eigene Dimension entfalten; bei Laberenz zB. wäre das die Entwicklung vom Abend zu "Aufzeichnungen aus dem Kellerloch" zum Abend zu
"Schuld und Sühne", eine Entwicklung, die auch in Dostojewskijs Werk-Biographie interessant ist zu verfolgen - das Programmheft zu "Schuld und Sühne" weist ausdrücklich darauf hin: Tod der ersten Frau, Tod des Bruders, Einstellung einer Zeitung, zwei gescheiterte Hochzeitsanträge innerhalb dieser zwei Jahre !)-).
Macbeth, Berlin: warum nicht mal streiken?
Können Schauspieler sich wehren?
Das ist eine wie ich finde ziemlich gute und interessante Frage. Gegen Regieeinfälle? Ja, schon, zum Ausziehen z.B. kann man Schauspieler nicht zwingen, man muss sie überzeugen. Besetzungen? Manche Schauspieler können das, andere müssten mit dem Verlust ihres Jobs rechnen, kommt darauf an, wieviele Regisseure bzw. Intendanten man kennt, die einem dannach einen Job geben.
Gegen zu geringe Gagen und Ausbeutung? Wird sich meiner Ansicht nach viel zu wenig gewehrt. Wie man sich überhaupt in Deutschland viel zu viel gefallen lässt, und sich dann freut, wenn "wir" wieder Export- oder Fußballweltmeister werden.
Warum streiken Theaterleute eigentlich nicht mal ne Woche?
Macbeth, Berlin: Oblomow?
@19:
Hat irgendjemand den Oblomow im bat/Berlin gesehen?
Ist der gut?
Würde mich interessieren.
(Vielleicht mit einer kurzen Begründung?)
Macbeth, Gorki Berlin: Oblomow-Empfehlung
Hallo lieber Guttenberg,
ich empfehle die Livekritik vom bat-Kenner Horst Roediger:
http://www.livekritik.de/livekritiken/livekritik-von-horst-roediger-zu-oblomow-bat
Sein Fazit: Der lange Weg zur Lethargie: Streckenweise reizvoll

Es scheint so, als bekäme Nachtkritik ernstzunehmende Konkurrenz aus dem Netz.
Macbeth, Berlin: Skandal
Nichts gegen ungewöhnliche Annäherungen, neue Ideen oder kluges Aufmotzen von Texten und Inhalten - aber was Borgmann am Gorki-Theater bietet, ist ein Skandal, denn hier haben Dramaturg und Gorki-Noch-Chef Petras zu wenig hingeschaut. Mehr dazu in www.capakaum.com
Macbeth, Berlin: viel Geschrei um wenig Wolle
Dass die hauptstädtische Kritik mit dem Macbeth in der Sicht von Borgmann nichts anfangen kann, ist wenig verwunderlich und letztlich auch unerheblich, Borgmann wirds verschmerzen. Ansonsten viel Geschrei um wenig Wolle, da keiner der Schrei(b)er sich einen Gedanken darüber macht, worüber Borgmann sich Gedanken gemacht hat...
Macbeth, Berlin: auf die Sprünge helfen
Und den Schrei(b)ern ein wenig auf die Sprünge zu helfen in solchen Gedanken ist unter Ihrer Würde?
Macbeth, Berlin: melancholisch grundlos
Kurzantwort an Arkadij: Warum denn gleich wieder so gereizt, versuch doch mal darüber nachzudenken, was wohl der Heidegger, der Urvater des raunenden und kryptischen Meinens in der Borgmann-Ästhetik, von einer solchen würde ich schon sprechen wollen, bedeutet? Borgmann inszeniert, wie heutigen Tages "philosophiert" wird - grundlos. Dies ist aber, und hier liegt der schwerverdauliche Witz, nicht ironisch gemeint, sondern verzweifelt melancholisch. Ich sehe das anders als Borgmann, aber ich verstehe den Versuch, eine grundsätzliche Abkehr vom Geschwätz durch exzessives Geschwätz zu befördern. Ob das funktioniert, das muss nun jeder Zuschauer für sich selbst entscheiden
Macbeth, Berlin: Warnung nicht geboten
@ Capa-kaum
Jetzt versuchen Sie schon wieder einen Fall Gorki Theater herbei zu schreiben. Ich verstehe nicht ganz, warum Sie davor warnen wollen, ins Gorki zu gehen. Ein oder zwei danebengegangene Inszenierungen scheinen mir als Grund dafür etwas dürftig. Dagegen spricht, dass bei der Auswahl des Nachtkritik-Theatertreffens auch das Gorki vertreten war und Antú Romero Nunes, der für seine Räuberinszenierung soeben den Friedrich-Luft-Preis erhalten hat, sicher auch auf der Liste des Berliner Theatertreffens stand. Ihre Behauptungen sind mit nur drei kurzen Absätzen doch sehr substanzlos und persönlich gefärbt. Führen Sie das doch bitte mal etwas näher aus. Ich rege mich ja sonst nicht über allzu viel auf. Aber ein Theater-Skandal, geht`s noch?
Macbeth, Berlin: neue Lesart
So gereizt wollte ich garnicht rüberkommen, sorry. Nur hört man hier gelegentlich auch solche Statements ohne nachfolgende Klärungsbereitschaft, währenddessen Ihr Erklärungs-Grundansatz dem bisher zu Lesenden tatsächlich eine neue Lesart hinzufügt: eine Hexenküche sozusagen.
Macbeth, Berlin: bitte Langantwort
Lieber Thomas Wieck,
danke sehr, das ist interessant. Ich wäre durchaus an einer Langantwort interessiert (so verdichtet, fällt es mir noch etwas schwer, das nachzuvollziehen). Falls Sie denn willens wären, die zu geben.
Beste Grüße!
Macbeth, Berlin: Link-Hinweis
http://www.blacktrash.org/texte/index.html

Dort findet sich u.a. ein Text "MacBeth Kommentar 2009" (von mir, wie ich in gebotener Bescheidenheit hinzufüge), der vielleicht dazu beitragen kann, zu klären, worum es in "dem schottischen Stück" gehen könnte.
Macbeth, Berlin: mithilfe der Nichtdeutung
Nun wollen wir das gewiss hier nicht zu einer unterderhand - exegese umfunktionieren, aber macbeth ist gewiss einer der "ausgedeutesten" Texte auf den deutschen bühnen, und man erinnere sich bitte mal nur ganz kurz an müllers macbeth 1982 an der volksbühne, an den zweifachen macbeth von gosch, einmal schaubühne berlin anfang der neunziger und dann düsseldorf 2007(?), und dann wird klar, was ich meine - der Deutungen sind genug, lasst uns private Anmutungen sehen, sagt sich Borgmann und so wirft er eben seine auf die bühne. Soweit so gut. Indem er das tut, stellt er sich außerhalb des Deutungszwangs und des damit verbundenen über das theater gelegten diskurs` des feuilletons, der ein diskurs ist, dem man sich seitens des theaters anschmiegen kann - oder den man seitens des theaters ignorieren kann - oder den man auf dem theater selbst spiegeln kann. Inszenierungen sind prinzipiell in dieser zeit so oder so geartete Eingriffe in diesen feuilletonistischen Diskurs. Manche Stücktexte sind dafür geeigneter als andere, und hier schließt sich der Gedankengang: wer die hexen nicht ehrt ist des macbeth nicht wert. verhexen ist also das mühsam gewonnene stichwort für die exegese der borgmannschen inszenierung. warum? weil, so denke ich zumindest, verwirrung und verirrung methode und ziel des hexerischen beim Shakespeare sind, bleibt dann noch die gewiss schiefe aber reizvolle gleichung: in welcher hexenküche (zarthäuser) bewegen wir uns heute, in welcher verhexung (kulturkritisch altmodisch: verblendung) lassen wir es uns gut gehen. Recht verstanden: das alles hat Borgmann nicht inszeniert, aber er hat solche Gedankengänge ermöglicht, weil er nicht gedeutet hat. eine deutung wäre zu den theaterhistorischen akten zu legen, und es wäre eine schmale Akte nur, eine nicht-deutung erfordert aber die deutung des gesehen-erlebten durch den Zuschauer. Aber eine Deutung ohne Vor-Bedeutung, das alles ist natürlich nicht neu, will es vielleicht auch gar nicht sein- scheint aber immer noch aufregend genug, um ein Gespräch zu führen außerhalb des ranking-denkens und des unentwegten bewertens. Soweit unmaßgebliches.
Macbeth, Berlin: zur Steckel-Lesart
@41:
Lieber Herr Steckel,
ich schätze Sie und Ihre unironische Art, den Dingen auf den Grund zu gehen, sehr.

Warum aber drohen Sie jenen Lesern Ihrer unter Post 41 verlinkten MacBeth-Interpretation rhetorisch mit "Liebesentzug", wenn diese Leser auch andere Lesarten der Tragödie für möglich halten ("Wer das Stück als Drama des Ehrgeizes liest, liest es falsch. Wer es als das Drama der uns allen innewohnenden Grausamkeit und Gier liest, lehnt sich gleichsam im Sessel zurück: Er wurde nicht ihr Opfer – kein Wunder, daß sich die Lesart bei Philologen und Forschern größter Beliebtheit erfreut." "Das Mörderische an MacBeth hält sich, anders als seine zumeist spießig wirkenden Begutachter wähnen, in Grenzen") Fördert der rhetorische Rekurs auf narzisstische Instinkte wirklich den Ausgang des Lesers aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit?

Warum stellen Sie den Terroristen wieder als denjenigen hin, der weniger verkommen ist als die Gesellschaft, die sich damit abgefunden hat, dass man die von allen erkannte "Leere" nicht füllen kann? Schon gar nicht mit Blut.
Warum feiern Sie die Blutspur zum Heil? ("Es wird nicht gewagt, auszusprechen, was die Quintessenz der Erkenntnis des königlich vermessenen Königsmörders ausmacht: Daß auch und gerade der, der das Äußerste riskiert, einen Lebenssinn verfehlt und damit jede heimelige Vorspiegelung desselben um sich herum zerstört. Das zieht ihm den Haß der Rechtdenkenden zu, denen es schon immer unerträglich war, ihre Geschäftsgrundlage in Frage gestellt zu sehen.") Eine Blutspur, die immer nur den gleichen Beweis führt: Dass kein Gott sei.

Ich plädiere mit dem Jean-Paul-Leser Georg Büchner eher für Pascal: Statt immer wieder die Leere zu beweisen, muss man eben so tun, als ob es einen gäbe. Nur dadurch füllt man sie.

„Noch keine europäische Linke hat bisher die Kraft gefunden, den Verbraucher in das politische Subjekt zurückzuverwandeln, als das die sogenannten demokratischen Verfassungen ihn ausgeben.“ – Eben. Aber das ist doch keine neue Erkenntnis. Warum rechnen Sie nicht mit ihr?

MacBeth ist keine "intellektuelle Bedrohung" sowenig KZs und GULAGs „intellektuelle Bedrohungen“ waren. Da sind nicht Gedanken ermordet worden, sondern Menschen.
Ich verstehe auch die Formulierung des "allgemeinen Politchors der Rache" nicht. Wäre so der Aufstand im Warschauer Ghetto (z.B.) zu beschreiben? Oder der Bürgerkrieg in Syrien? Wie verstehen Sie den Büchnerschen Begriff der Notwehr?

"hier meldet sich eine Stimme, die nicht dem allgemeinen Politchor der Rache zugehört, und ihr Träger ist es folgerichtig, der den vereinsamten Lebenshungrigen vom Thron wirft. Es käme darauf an, zu begreifen, daß hier unsere Chancen liegen." Verstehe ich Sie richtig, dass Sie damit für einen "Blutmessias" optieren?
Meinen Sie wirklich, was Sie da schreiben?
Macbeth, Berlin: Walter Kaufmann lesen
Suche ich antiquarisch schon ne ganze Weile: Walter Kaufmanns "From Shakespeare to Existentialism". So wie ich Walter Kaufmann bisher kennen- und schätzengelernt habe, wird es da so mancherlei Stichhaltiges zu Shakespeare und Heidegger geben (ich habe das, stimmt, bloße Gefühl, daß diese Lektüre zum Verständnis des Borgmann-Entwurfs beitragen könnte). Ich freute mich gerade, daß jetzt vielleicht ein wenig offener Lesarten diskutiert würden (von Menschen, von denen ich noch einiges gewiß lernen könnte) und dann versandet das leider wieder, oder täusche ich mich ?
Macbeth, Berlin: Interpretation und Walter Kaufmann
Nr. 43: Mein Schlüssel ist das Cioran-Zitat. Der letzte Satz bezieht sich auf Macduff. Nr. 44: Es gibt zwei Exemplare (nicht ganz billig) bei ZVAB. Und einen ganzen Schwung (ziemlich billig) bei BookFinder.com, Amazon & Co.
Macbeth, Berlin: Dank
@ 45

Vielen Dank für die Information !
Macbeth, Berlin: neue Restauration
Ich verstehe Herrn Steckel so, dass die Geschichte von Umwälzungen immer auch eine Geschichte der Restauration von Macht ist. Genau das ist es auch, was Heiner Müller immer wieder in die Geschichte von Kriegen, gescheiterten Revolutionen und Aufständen zurückblicken lässt. Und Shakespeare bietet sich ja in der Hinsicht geradezu an. Nach dem Mord am König folgen weitere Morde zur Sicherung der Macht, bis der neue Tyrann wieder von der alten bzw. auch mal neuen Ordnung hinweggefegt und die Machtverhältnisse restaurativ wieder hergestellt werden. Zur Zeit leben wir in Europa, nicht erst seit der Auflösung des Ostblocks, in einer Art längeren Phase der Restauration. Will sagen, die Machtverhältnisse sind relativ stabil, wenn man mal davon absieht, dass durch die Finanzkrise und die dadurch verursachte Lähmung und Stagnation der repräsentativen demokratischen Kräfte etwas Aufruhr an den Rändern der großen Parteien entstanden ist. Das aber scheint zumindest für Einige eine geringe Chance zur Veränderung darzustellen, die Anderen aber wiederum in Rückblick auf die Geschichte von Umwälzungen zu radikal und nicht besonders erstrebenswert erscheinen. Der Wille zur Macht oder besser zur wahren Demokratie ist im breiten Volk noch nie besonders ausgeprägt gewesen. Und hier greift der Satz von Steckel: "Noch keine europäische Linke hat bisher die Kraft gefunden, den Verbraucher in das politische Subjekt zurückzuverwandeln, als das die sogenannten demokratischen Verfassungen ihn ausgeben."
Das Volk sieht fern oder in die Röhre. Es erfolgt der Rückfall in den bequemen Fernsehsessel. (Vergleiche Heiner Müller: "Fernsehen" - Wer ist heute im Besitz der Wahrheit? Gibt es eine universelle Wahrheit?) Während sich einige noch mit Selbstzweifeln quälen, greift der vorherrschende Status Quo oder auch Common Sense, ganz wie man will, an den Vorzügen des Systems zu partizipieren und die Nachteile geflissentlich zu ignorieren. "There is no alternative!" Die Wehrhaftigkeit der Demokratie reduziert sich in den Augen der Banker nur auf das Aufspannen eines finanziellen Rettungsschirms, mehr nicht. Soviel zu den "Weissagungen der Schicksalsschwestern". Und besonders Intellektuelle sind dann schnell dabei sich immer wieder die Toten der vergangenen Systeme gegenseitig vorzurechnen, wie erst gestern Abend in der Inszenierung von Ruges Roman "In Zeiten des untergehenden Lichts" gesehen.
Macbeth greift nach der Macht, weil er es kann und sich traut, schreibt Steckel. Die Skrupel zur Macht streift er ab. Das ist die intellektuelle Bedrohung für die Kentauren der Polit-Bürokratie, die mit ihrer Macht wie mit einem Schreibtisch verwachsen scheinen. Es gibt es keine Alternative zur Ergreifung der Macht. Alles weitere ist bekannt. Andere Alternativen? Fragezeichen. Nun wäre aber die Frage im Rückschluss, wer sind die "Stoiker des Verbrechens" heute und gibt es ein politisches Gewissen, in der Art der Selbstreflexionen eines Marc Aurel, vielleicht nach dem Vorbild des eben verstorbenen Stéphane Hessel. Oder wer könnte den Marc Aurels/Macbeth' dieser Zeit den Dolch aus der Hand nehmen, bzw. wie müsste dieser Dolch in den Händen der Machtlosen beschaffen sein, um eine unblutige Umwälzung hin zu mehr Gerechtigkeit bewirken zu können. Wie sehe also eine wirkliche Alternative zum TINA-Prinzip aus? Utopien sind also weiterhin gefragt.

Dazu übrigens ein kleiner Tipp. Unbedingt die Heiner-Müller-Inszenierung von "Der Auftrag" im bat-Studiotheater ansehen. Eine erfrischendere Müller-Interpretation zum Thema gescheiterte Utopien und ihre Wirkung in der Gegenwart hat es zumindest in Berlin noch nicht gegeben. Sehr empfehlenswert. Den "Macbeth" von Borgmann im Gorki konnte ich bisher leider noch nicht sehen. Werde das aber irgendwann sicher nachholen.
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