Mülheimer Theatertage Stücke '07 - Kommentare zum Live-Stream der Abschlussdiskussion
Wer übernimmt? Ich!
von den Lesern von nachtkritik.de
Am 2. Juni fand in Mülheim die Abschluss-Diskussion der 32. Mülheimer Theatertage - Stücke '07 statt. Moderator war Gerhard Jörder, als Preisjury fungierten die Kritiker Christine Wahl und Till Briegleb, die Regisseurin Friederike Heller, der Heidelberger Intendant Peter Spuhler und der Schauspielchef der Salzburger Festspiele Thomas Oberender. Wie die user von nachtkritik.de diese Diskussion erlebten, die mit der Preisverleihung an Rimini Protokoll für ihr Das Kapital. Erster Band endete, können Sie hier wenigstens fragmentarisch nachvollziehen.
13 | Martin Hartmann | Oberender schließt "Ulrike Maria Stuart" aus, trotz der enthaltenen Dimension "erlebter Geschichte". Was meint er damit? "Erlebte" gegen "nicht selbst erlebte"? Wie etwa bei Maria Stuart? |
14 | Martin Hartmann | Oberender schließt weiters "Schwarze Jungfrauen" aus OBWOHL er den Text als eine spannende Expedition empfindet, nicht ins islamische Kulturgebiet sondern in eine bestimmte Generationserfahrung. |
15 | Martin Hartmann | Heckmanns "Wörter und Körper" schließt er aus, weil das Drama im Stück zu schwach ist, im Gegensatz zum unverkennbaren Vorbild Botho Strauß' "Groß und Klein". |
16 | Martin Hartmann | Oberender schließt Dirk Laucke aus, weil das Stück zu harmonisch endet. Überhaupt auffallend bei der gesamten Stückauswahl, dass die Enden oft harmonisch sind. |
17 | Martin Hartmann | Wer übernimmt? |
18 | Christa Hansen | Ich. |
19 | Christa Hansen | Friederike Heller schließt "Die Probe" aus, weil es ihr stinkt, dass er zu rasch zu Zeitgeist-Themen greift. "Nachtblind" scheidet aus, weil es zu sehr Nabelschau betreibt. Das Thema "Gewalt in höheren Schichten" ist nicht genug reflektiert. Es fehlt das "intellektuelle Abenteuer". Viel deutlichere Bauchschmerzen beim Rauswurf von "Schwarze Jungfrauen", sie konnten icht rauskriegen wo der künstlerische Ansatz von Zaimoglu genau sitzt, inwieweit Originalzitate verwandt wurden, u |
20 | Christa Hansen | Till Briegleb nimmt als erstes "Wörter und Körper" raus, in der Ausführung der Konflikte zu schwach. "Die schwarzen Jungfrauen" fliegen raus weil die Konstruktion manipulativ ist. Wenn man nix weiß, versteht man nicht, ob es dokumentarisch ist. Das scheintm it Provokation um der Provokation willen drin zu sein. "Nachtblind" fliegt raus, weil es zu einfach gestrickt ist mit gut und böse und einem Mädchen dazwischen. Trotz der geschickten Inszenierung, die man in Mülheim sah. Als vier |
21 | Christa Hansen | "Ford Escort dunkelblau", "Die schwarzen Jungfrauen", "Nachtblind" und "Die Probe" scheiden als erstes aus. Dirk Laucke bekommt noch Elogen hinterher gesprochen. |
22 | Daniel Buteiro | Wo sind denn die ersten Wortmeldungen hingekommen? |
23 | Daniel Buteiro | Till Briegleb findet, dass "Ulrike Maria Stuart" intelligente Ideologiekritik betreibt in Richtung auf die Linke und auf den Staat. Aber natürlich sei das wiederum kein Stück, sondern ein Angebot ans Theater. |
24 | Daniel Buteiro | Hey, diskutieren hier oder fassen hier eigentlich nur wir drei etwas zusammen? |
25 | Daniel Buteiro | Semann mischt die Bilder des RAF-Mythois mit anderen Bildern anderer Pop und ähnlicher Phänomene, Wiener AKtionskunst usw. und bestätigt so den Mythos RAF noch einmal. Mit dem Text aber habe das garn icht viel zu tun, sagt Briegfleb. |
26 | Daniel Buteiro | Wie steht es denn mit der Schiller-Übermalung bei der Jelinek? fragt Jörder die Regisseurin Heller? |
27 | Daniel Buteiro | Komisch, dass Jörder es so klar findet, dass die Regisseurin Heller das Jelinek-Stück nicht ganz gelesen hat. Das schafft ja fast niemand, meint Jörder. Mhm. |
28 | Daniel Buteiro | Ziemlich viele Voten, dass es nicht Jelineks stärkstes Stück sei. |
29 | Martin Hartmann |
Zu Rimini Protokolls "Kapital" findet jetzt Frau Wahl, dass es nicht die beste Arbeit der Riminis sei. Karl Marx strukturiere nicht die Dramaturgie des Stückes. Anders als Schiller beim letztjährigen "Wallenstein". Eine naheliegende Struktur. |
30 | Martin Hartmann | Es geht doch gar nicht ums Kapital sagt der gewitzte Herr Briegleb, sondern um das, was die Menschen damit erlebbt haben. |
31 | Martin Hartmann | Peter Spuhler fragt, ob dieser Text aufführbar sei von jemand anderem als Rimini Protokoll. |
32 | guest_4650 | Die diskursive Qualität von Rimini Protokoll möchte Frau Heller unterstützen, gegen das "absolute Drama" nach Peter Szondi. JÖrder weist darauf hin wieviel Inszenierungsarbeit in der Montage und Fertigstellung des Stückes steckt. |
33 | guest_4650 | Ist es interessant Rimini Protokoll-Stücke nachzuspielen? |
34 | Erwin Stauffenbach | "Wörter und Körper" ist von ungeheurer sprachlicher Schönheit, sagt Peter Spuhler, von Zartheit sprechen Heller und Spuhler, vom Aufgebrochenen, vom Diffusen. Beim Lesen hat es einen großen Sog entwickelt, bekannt Spuhler. Mehr als in der Inszenierung. |
35 | Erwin Stauffenbach | Die im Stück angelegten Konflikte werden nicht ausgeführt, Heckmanns weicht vorsichtig aus und es bleibt blass, trotz des Themas "Wie kann ich leben?" |
36 | Erwin Stauffenbach | Christine Wahl findet bei Heckmanns die weiblichen Märtyrer-Figuren schwierig, die so dahinschweben und die Welt retten müssen. |
37 | Daniel Buteiro | Ich hab Schwierigkeiten mit Herrn Briegleb, aber wo er Recht hat, hat er Recht, und das ist hier der Fall, wenn er sagt: was tut die jüdische Geschichte von Mala Zementbaum in der Täter-Opfer-Geschichte. Spekulation, sagt Friederike Heller, und das ist es. Holocaust-Spekulation, eben das guite alte Holocaust-Business. Ach Armin, was tust Du da. |
38 | Daniel Buteiro | Holocaust-Business in Berlin-Ost. Vielleicht ein Fortschritt. Aber was für einer ... |
39 | guest_6104 | Briegleb forderet: es müsse doch auch mal einer zurücktreten von seinen Taten und reflektieren. |
40 | guest_1581 | Malas geschichte ist doch klar eine geschichte über verrat und somit richtig im stück |
41 | guest_6104 | Petr SPuhler beruft sich auf zehn Jahe Erfahrung in Neudeutsch-Ost, ach ja, Dramaturg in Rostock oder was? Was weiß er denn über das soviel schwieriger als nur Täter und Opfer. |
42 | guest_6104 | Jörder bittet um Favoriten-Nennungen, knackige Liebeserklärungen. |
43 | Sascha Westphal | Aber es geht in der "Mala Zementbaum"-Episode doch gar nicht um den Holocaust als Parallele zur den Praktiken der Staatssicherheit. Es ist auch keine Holocaust-Spekulation. Entscheidend ist, dass Mala und ihr Geliebter - entgegen der realen Geschehnisse - dem KZ und der SS entkommen. Den Verrat begeht schließlich die Frau, die Mala über Monate versteckt und gerettet hat. Sie hat in dieser Zeit Macht über Mala bekommen, die sie einfach behalten will. Insofern entspricht ihr Handeln dem der a |
44 | guest_6104 | Friederike Heller wundert sich über sich selbst. Hatte sie doch mit Bauchschmerzen angefangen angesichts Rimini Protokolls "Kapital", findet es jetzt aber die Zukunft des Dramas. Oberender findet auch, dass das Kapital auf der Höhe der Zeitgenossenschaft ist. |
45 | Christa Hansen | Herr Briegleb und Frau Wahl finden Jelineks "Ulrike Maraia Stuart" den interessantesten Text. Spuhler schließt sich der "Kapital"-Fraktion an. Damit Ist "Karl Marx Das Kapital Der erste Band" Sieger der 32. Mülheimer Theatertage. Ausgerechnet Spuhler. |
46 | Christa Hansen | Schrittmacherdienste soll diese entscheidung leisten, wünscht sich Friederike Heller. |
47 | Christa Hansen | Auch der Publikumspreis geht an das Stück von Rimini Protokoll. |
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